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Jetzt kann es Weihnachten werden |
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Von Rainer Labie (22.12.2014)
Bachs Weihnachtsoratorium in einer beschwingten Aufführung
Kaum jemand hat die biblische Weihnachtsgeschichte so schön
vertont wie Johann Sebastian Bach. Sein Weihnachtsoratorium Opus 248 ist
das bis heute wohl populärste Vokalwerk des Komponisten. Vor
ausverkauftem Haus führten am 4. Adventssonntag die Kantorei und
Jugendkantorei an der Auferstehungskirche in Bad Oeynhausen zusammen mit
dem Sinfonieorchester „opus 7" die Teile eins und vier bis sechs auf.
Die musikalische Gesamtleitung hatte souverän Kreiskantor Harald Sieger.
Normalerweise werden aus dem Werk, das 1734 uraufgeführt wurde und eine
Zusammenfassung der Kantaten von den drei Weihnachtsfeiertagen bis hin
zum Epiphaniasfest darstellt, entweder die ersten oder letzten drei
Teile in einem Konzert aufgeführt. Obwohl an diesem Abend die Teile vier
bis sechs den Schwerpunkt bildeten, hatte man, sicher zur Freude aller
Konzertbesucher, den berühmten Auftakt des Oratoriums mit hinzugenommen.
„Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage, rühmet, was heute der
Höchste getan!" So fröhlich soll es Weihnachten sein. Und dafür waren
die Menschen auch gekommen, um sich nun selber nach vielfach hektischen
Adventswochen in die kurz bevorstehende Weihnachtszeit einzustimmen.
Das bekannte Adventslied „Wie soll ich dich empfangen?" zum Ende des
ersten Teils ergriff die Menschen ebenfalls in ihrem Blick auf die
kommenden Tage. Schon bei diesem fulminanten Konzertauftakt boten Chor
und Orchester den geschlossenen Eindruck, der sich über das ganze
Konzert hielt. Die über einhundert Sängerinnen und Sänger beeindruckten
durch wohl abgestimmte Klangfülle, das Orchester war aufmerksamer
Begleiter, all dies unter dem engagierten, temporeichen Dirigat von
Harald Sieger.
Zum Weihnachtsoratorium gehören auch herausragende Abschnitte für
Solostimmen. Die Rollen waren mit der jungen schwedischen Ylva Stenberg
im Sopran und Julia Husmann im Alt, sowie Sebastian Klein als Bass und
dem gebürtigen Dänen Kristian Sørensen überzeugend besetzt. Besonders
Tenor Sørensen bewegte die Zuhörer neben den Rezitativpassagen auch in
den von ihm zu singenden Arien mit seinem gefühlvollen Vortrag. „Ich
will nur dir zu Ehren leben, mein Heiland gib mir Kraft und Mut" sang er
kraft- und klangvoll am Ende des vierten Teils. Auch Ylva Stenberg, die
noch im Gesangstudium in Hannover ist, brachte die Freude der Geburt
des Gottessohnes mit ihrer klaren Stimme in den Sopranarien und
besonders auch im Duett mit Kristian Sørensen schön zum Ausdruck. Julia
Husmann im Alt sang ihren Part ebenfalls ausdrucksstark, zum Beispiel in
dem Rezitativ „Wo ist der neugeborne König" im fünften Teil zusammen
mit dem Chor. Und auch Sebastian Klein im Bass überzeugte, etwa in der
Rolle des Herodes.
Die Weihnachtsgeschichte ist eine
Weggeschichte. Die so unterschiedlichen Gestalten folgen einem Stern,
der sie schließlich zum Ziel bringt, der Krippe in einem Stall in
Bethlehem. Als der Chor im Schlussteil des Oratoriums „Ich steh an
deiner Krippen hier..." sang, war das eigentliche Ziel der Reise
erreicht. Wieder ein bekanntes Lied, das in den kommenden Tagen in
Gottesdiensten und noch in manchen Familien gesungen werden wird. So war
es eine schöne Idee des Kantors Harald Sieger, nach dem rauschenden,
zunächst nicht enden wollenden Applaus des Publikums, alle einzuladen,
dieses Lied zum Schluss gemeinsam zu singen. Damit wurden nun wirklich
alle hineingenommen in die große biblische und musikalische Bewegung.
Jetzt kann es Weihnachten werden.
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Freundeskreis Kirchenmusik |
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