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Leben wir in der besten aller möglichen Welten? Darüber kann man streiten. Voltaire trat gegen Leibniz an. Und auch im Team Lebensbücher sind wir uns bis heute nicht einig darüber. Jeder Mensch erlebt die Welt anders. Vieles hängt aber auch davon ab, ob diese Frage auf die eigene kleine persönliche Welt oder die große und ganze Welt bezogen wird. Der Welt im Ganzen stehen wir meist ohnmächtig gegenüber.
In der globalisierten großen Welt fehlt das innere Gefüge. Die persönliche Welt hingegen scheint gestaltbar. Manchmal wünscht sich ein denkender Mensch etwas von dem naiven Glück eines Candide. Und manchmal sehnt sich ein kritischer Geist nach ein wenig Glaubensgenügsamkeit eines frommen Bibellesers.
Ist es aber wirklich möglich, die kleine Welt der Familie und Freunde zu trennen von der ganzen Welt? Oder ist es nicht eher der Pessimismus im Blick auf die ganze Welt, der uns in diese Schizophrenie treibt? Die große Welt hier und meine Welt dort?
Was wird aus dieser Welt, wenn wir uns ins Private flüchten? Und was wird aus uns, denn faktisch leben wir doch in dieser Welt. Schon allein deshalb ist die Flucht aus der Welt in dieser Welt unmöglich und Illusion.
Am Anfang war alles gut. Für Candide ist das Schlösschen in Westfalen das Paradies. Candide ist rechtschaffen und ziemlich beschränkt. Doch seine Welt ist heil, und alles steht zum Besten. Wäre da nicht der Sündenfall, den er mit der schönen Kunigunde begeht und die ihm die Vertreibung aus dem Paradies beschert.
Die Bibel führt uns zu einer noch grundlegenderen Antwort. Adam war zwar irgendwie zufrieden im Paradies, und doch ist dieses Leben ganz unwirklich. Der Theologe Paul Tillich nennt diesen Zustand „träumende Unschuld“. Um wirklich Mensch zu werden, tauscht der Mensch das Paradies gegen Erkenntnis, Macht und Schuldfähigkeit. Jetzt ist der Mensch zu Liebe und Leid fähig und verdammt. Und wird kurzum der Mensch, der er heute ist.
Diese Gedanken kann man durchaus in Beziehung zu Leibniz stellen. Oft wird Leibniz falsch zitiert, wenn von der besten aller Welten die Rede ist. Genaugenommen meint Leibniz die „beste aller möglichen Welten“. Der Gedanke dahinter ist in groben Zügen schnell erklärt. Leibniz meint: Nur Gott allein ist vollkommen. Alles, was nicht Gott ist, kann deshalb nicht vollkommen sein. Darum trägt alles, was geschaffen ist, Gutes und Schlechtes an sich. Die Welt kann nicht vollkommen sein, sonst wäre sie Gott. Und darum muss es notwendigerweise die Übel in einer geschaffenen Welt geben. Und darum leben wir in der besten aller möglichen Welten. Es gibt kein Zurück. Das ist der Preis dafür, geschaffen zu sein. Ein hoher Preis, wie uns Voltaire vor Augen führt.
Leben wir also in der besten aller möglichen Welten, wie Leibniz behauptet und dafür von Voltaire verspottet wird? Man kann sich Voltaires Kritik kaum entziehen. Die Welt ist alles andere als gut. Not und Leid in der Welt vergiften das Glück des Einzelnen.
Vielleicht kann man Leibniz wirklich Recht geben, dass wir uns keine andere Welt vorstellen können und der Preis der Geschöpflichkeit die Endlichkeit des Menschen und seine Brutalität ist. Doch wer daraus ableitet, dass in dieser Welt alles gut ist oder einem guten Zweck dient oder Gott in dieser Welt alles zum Guten wendet, weil Gott allmächtig ist, der muss Voltaire lesen oder Nachrichten gucken.
Jedes Leid dieser Welt ist ein Aufschrei gegen einen allmächtigen Gott, der zumindest grundsätzlich nichts dagegen tut. Oder etwa doch?
Der Gott der Bibel thront nicht majestätisch über der gebrochenen Welt. Er hat sich entschieden, mitten in die Not und das Leid der Welt einzutauchen. Er hat mit der grausamen Kreuzigung selbst das Schlimmste auf sich genommen, was Menschen nur erleben können an Leiden, Einsamkeit und Enttäuschung. Das macht die Welt nicht gut, aber es versöhnt mit Gott. Und das in zweifacher Hinsicht. Gott hat sich mit uns versöhnt durch sein Leben und Leiden in dieser Welt. Aber mussten wir nicht auch mit Gott versöhnt werden? Können Sie unbekümmert an einen Gott glauben, der allmächtig ist und doch so wenig davon in der Welt zeigt? Oder muss man darüber aus Redlichkeit nicht zum Spötter oder Atheisten werden? An der Welt verzweifeln oder sich in die kleine pseudoheile Welt retten? Gott hat sich in Jesus Christus als unser Bruder gezeigt. Er hat die Welt mit sich versöhnt. Er mit uns und wir mit ihm.
Eine Antwort auf die Frage danach, wie unsere Welt im Innersten ist, finden wir in einem Gott, der die Welt erschuf, den Menschen entsetzt über dessen Wesen in diese Welt entließ und sich dann dorthin begab, wo der Mensch am tiefsten leidet. Über einen allmächtigen Gott in Glanz und Gloria könnte man nur weinen oder lachen, je nach seelischer Verfassung. Einen mitleidenden Gott, der seine Hände zu uns ausstreckt, kann man umarmen.
„Unser Wissen ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht“, schreibt Paulus im Brief an die Korinther. Mit der ganzen Schöpfung hoffen wir auf Erlösung. Und Gott steht nicht außen, sondern an unserer Seite.
Die Welt im Ganzen werden wir zwar nicht ändern. Wir sind keine Götter und nicht allmächtig. Aber wir sind auch nicht ohnmächtig. Christlicher Realismus und die Hoffnung setzen den Mut in uns frei, unsere Möglichkeiten zu verwirklichen, und sei es zunächst nur in unserem persönlichen Bereich. Die Konzentration auf den überschaubaren Bereich ist jetzt aber keine Weltflucht mehr. Voltaire wird uns gleich daran erinnern, dass die einzelnen Lebensbereiche miteinander verbunden sind, sich gegenseitig beeinflussen. Die Gestaltung des persönlichen Bereiches prägt die Welt und verändert sie.
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